Klatschmohn
Ich kontrolliere nochmal die Wände und die Decke, um sicherzustellen, dass sie uns nicht auf den Kopf fällt. Dann suche ich mir eine warme Stelle und schaue Blutnacht fragend an. “Magst du dich zu mir legen. Wir können uns gegenseitig wärmen.“

Klatschmohn
“Immerhin haben wir anständig gegessen.“, erwidere ich ironisch. Ich lasse mich zu einem ausgiebigen Gähnen hinreisen und strecke mich kurz lang, rolle mich allerdings schnell wieder zusammen, als die Kälte unangenehm meinen Bauch erwischt. “Wir könnten die Zeit nutzen und ein wenig schlafen.“, schlage ich vor. Dabei geht mir nicht aus dem Kopf, dass ich seit Dämmersterns Tod mit keiner anderen Katze mehr zusammen in einem Bau geschlafen hatte. Ein unangenehmes Gefühl macht sich in mir breit und droht mir, die Kehle zu zuschnüren.

Klatschmohn
Wie zuvor auf meiner Reise vermeide ich einen richtigen Schlaf. Stattdessen döse ich mit leicht geöffneten Augen, um ja keine Bewegung zu verpassen. Das Schneetreiben wird immer dichtet und der Ausgang unserer Höhle ist bald kaum noch zu erkennen. Ich seufze schwer.

Klatschmohn
Ich öffne die Augen ganz, als Blutnacht sich neben mir bewegt. “Lange hast du aber nicht geschlafen.“, necke ich ihn. Der Eingang ist zu geschneit und draussen scheint es dunkel zu sein. Der Schnee verschluckt jedes Geräusch um uns herum. “Hast du schön geträumt?“

Klatschmohn
“Ich träume selten.“, erwidere ich ruhig. Ich stehe auf und mache mich daran, den Eingang wieder frei zu buddeln, damit Sauerstoff ins Innere eindringen kann und wir sehen, wann sich der Schneefall beruhigt. “Wie geht es deiner Verletzung?“, informiere ich mich.

Klatschmohn
Wir buddeln schon eine ganze Weile und langsam bekomme ich das Gefühl, dass wir längst aus dem Bau draussen sein müssten. “Wir sollten mehr Richtung Himmel graben!“, rufe ich Blutnacht zu. Irgendwie habe ich das dumpfe Gefühl, dass der Schnee unsere Höhle unter sich begraben hat.

Klatschmohn
Kaum hat Blutnacht seine Worte ausgesprochen, stoße ich mit der Pfote durch die Schneedecke. Eine kleine Lawine rutscht von oben nach, aber dann haben wir es endlich geschafft. Erleichtert atme ich die frische Luft ein und mache Blutnacht platz, damit er nachkommen kann. Beunruhigt schaue ich mich um. Alles ist weiß, unter einem ebenen Teppich vergraben, der jegliche Konturen und vermutlich auch Beutetiere verschluckt hat. Kleine Flocken rieseln weiterhin aus dem bedecktem Himmel auf uns herab. Ich stöhne verzweifelt auf: “Ich hoffe du hast einen guten Orientierungssinn was Sonnenstand und Sterne betrifft, an der Umgebung werden wir vorerst keine Orientierungspunkte finden.“

Klatschmohn
Ich werfe Blutnacht einen zweifelnden Blick zu. "Wir verfolgen den Pfad also auf Grund einer vagen Vermutung?", stöhne ich auf. Hoffentlich führt er uns nicht in den Tod! Nebeneinander verfolgen wir einen Weg, den wir nicht sehen. Unter uns könnte sich alles befinden: ein eingefrorener zugeschneiter Fluss, ein Dornenbusch, ein normaler Weg, Knochen, scharfkantige Steine... Ich kann nur hoffen, dass uns die Schneedecke, solange wir auf ihr laufen, uns vor bösen Überraschungen bewahrt.

Klatschmohn
Ich werfe Blutnacht einen entnervten Blick zu, als er anfängt, fröhlich vor sich her zuschnurren. "Auf jeden Fall wird mir jetzt klar, warum meine Mutter euch alle verlassen hat.", fauche ich wütend: "Ihr seid alle Verrückt!" Ich fahre wütend die Krallen aus. Da kämpfen wir uns frierend, mit vor Kälte wunden Pfoten und schmerzenden Muskeln durch den Schnee, und mein Onkel hat gute Laune. Am liebsten würde ich ihm sein dreckiges Fell über die Ohren ziehen.

Klatschmohn
Sofort hebt sich meine Stimmung wieder und mir fällt das Laufen wieder deutlich einfacher. “Sag das doch gleich.“ Ich rolle gespielt mit den Augen und schlage ihn liebevoll mit den Schwanz. “Also, wie weit ist es dann noch?“, frage ich neugierig.

Klatschmohn
Meine Stimme verdüstert sich augenblicklich wieder. “Schon wieder Berge? Bitte sag mir nicht, dass wir da drüber müssen?“, murre ich schlecht gelaunt. Ein Berg hat mir wirklich gereicht.

Klatschmohn
Ich schüttel belustigt den Kopf. “Sehr amüsant, dass es alle Clans an Flüsse oder Seen zieht. Bei uns im Wald gab es lediglich einen schmalen Bach. Im Sommer mussten wir immer eine Weile wandern und aus den Wasserlöchern von Kühen trinken.“ Ich zucke weiterhin gut gelaunt mit dem Schwanz. Blutnachts heitere Stimmung ist ansteckend.